Die Corona-Pandemie ist für Justin Kröll (15) aus Krefeld, der in seiner Freizeit am liebsten Freunde trifft, ins Kino geht, Bowling spielt und die Heimspiele seines Lieblingsvereins Borussia Mönchengladbach verfolgt, eigentlich eine blöde Zeit. Eigentlich. Denn Justin musste in seinem Leben schön häufiger auf all das verzichten, was er am liebsten macht. Allerdings übersteigt das, was er durchleben musste, alles, was zurzeit wegen Corona notwendig ist.

Fast genau sieben Jahre sind es her, als Justin die schockierende Diagnose Leukämie erhielt. „Anfangs tat ihm nur das Knie weh, aber dann wurden seine Schmerzen immer schlimmer, und er bekam Fieber“, erzählt seine Mutter Stefanie. Zwei Wochen später wurde das Leben der vierköpfigen Familie dann komplett auf den Kopf gestellt. Neun Monate war das Helios-Klinikum das Zuhause von Justin. 

Sein Gesicht schwoll an, und er verlor seine Haare, er musste sich oft übergeben, und das Kortison sorgte für Stimmungsschwankungen. Trotz allem körperlichen und seelischen Leiden zeigte er eine unglaubliche Stärke – vielleicht aus einem inneren Antrieb heraus, seine Eltern und seinen Bruder nicht zu beunruhigen. Nach einem Rückfall 2015, die die Familie psychisch noch einmal stark belastete, nahm Justin seine Mutter in den Arm und sagte: „Alles wird gut.“

Er sollte Recht behalten. Heute gilt Justin als geheilt und hat mittlerweile auch seinen Knochenmarkspender, den 47-jährigen Peter aus der Nähe von Nürnberg, kennengelernt. „Dieses Jahr hätten wir ihn gerne besucht; das ging wegen Corona ja leider nicht. Aber wir schreiben uns über WhatsApp. Dass wir Kontakt halten, ist mir sehr wichtig, weil unsere Beziehung schon was Besonderes ist“, erzählt der Junge mit dem spitzbübischen Lachen. Seinem Lebensretter hat Justin ein berührendes Bilderbuch gemalt. Es erzählt seine Krankengeschichte. Zu sehen sind gelbe Krebszellen mit grimmigen Gesichtern, die rote Blutkörperchen angreifen oder ein roter Umzugskarton mit gesundem Knochenmark, das in seinen Körper einzieht.
Das Buch hat Justin auch dabei geholfen, sich mit seiner Krankheit auseinanderzusetzen.

Familiäres Miteinander in schwerer Zeit

Über den Psychosozialen Dienst des Helios-Klinikums, der Krebspatient*innen und deren Angehörige in ihrer schweren Zeit begleitet, wurde Familie Kröll auf den Förderverein zugunsten krebskranker Kinder aufmerksam. „Er hat uns großartig unterstützt, zum Beispiel mit Beihilfen zur Umgestaltung von Justins Kinderzimmer, mit Taschengeld für seine Reha-Aufenthalte oder mit Spielen, Büchern und Schulmaterialien, die original verpackt sein mussten“, zählt Stephan Kröll auf und ergänzt: „Wir haben aber nicht nur materielle Hilfe, sondern immer auch ein offenes Ohr erfahren, zum Beispiel beim regelmäßigen Onkofrühstück in der Klinik oder bei gemeinsamen Ausflügen. Reden zu können, ist in einer so belastenden Zeit sehr wichtig.“

Und weil Stefanie und Stephan Kröll nicht nur nehmen, sondern auch geben wollten, traten sie dem Förderverein bei und arbeiten mittlerweile sogar im Vorstand und im Beirat. „Wir möchten dabei helfen, andere betroffene Familien zu unterstützen und sie an unseren Erfahrungen teilhaben lassen“, betonen sie. Aus dem offenen und familiären Miteinander im Verein sind mittlerweile sogar Freundschaften entstanden. Die Familie selbst ist gestärkt aus der Krise hervorgegangen. Justins großem Bruder Niklas (19) geht es mittlerweile auch wieder sehr gut. „Wir haben immer versucht, für ihn da zu sein. Aber diesen Spagat hinzubekommen, ist einfach sehr schwer“, geben Stefanie und Stephan Kröll zu, die überglücklich sind, dass ihre beiden Söhne jetzt wieder ihren ganz normalen Alltag haben.

Justin besucht wegen einer angeborenen Erkrankung im rechten Ohr und einer ausgeprägten Sehschwäche die LVR-Luise-Leven-Schule in Krefeld. Er ist ein guter Schüler mit den Lieblingsfächern Mathe, Geschichte und Sport. Nach seinem Abschluss stehen ihm alle Wege ins Berufsleben offen. „Ich wäre gerne Fußballberichterstatter“, sagt Justin. Wer den wortgewandten, energiegeladenen Neuntklässler kennenlernt, der weiß: Er kann es schaffen.